Rassenbeschreibung

Die Thüringer Wald Ziege ist eine mittelrahmige Milchziege. Es treten sowohl gehörnte als auch hornlose Tiere auf.
Das Haarkleid ist kurz und glatt anliegend. Die Farbe erstreckt sich von hell- bis dunkelschokoladenbraun. Vereinzelt treten auch schwarze Tiere auf. Ein Aalstrich ist nicht vorhanden.
Die typische Kennzeichnung kommt zum Ausdruck durch die ausgeprägte Gesichtsmaske mit den von der Überaugengegend bis zur Oberlippe reichenden weißen Streifen. Das Maul und die Ohren sind weiß gesäumt, Spiegel und Unterbeine weiß.

Herkunft

Die Rasse entwickelte sich Anfang des 20. Jahrhunderts, als Ziegenzüchter aus Thüringen in ihre damaligen regionalen Landschläge Toggenburger Ziegen einkreuzten. 1935 hatte sich die Rasse soweit konsolidiert, dass sie als eigenständige Ziegenrasse anerkannt wurde. Seitdem wird sie rein weitergezüchtet.

Die Thüringer Wald Ziege ist heute die einzige eigenständig gezüchtete, einheimische Ziegenrasse Deutschlands - ohne Einkreuzungen anderer Rassen aus dem In- und Ausland.

Bestand

Die Thüringer Wald Ziege wird in fast allen Bundesländern gezüchtet. Ein stetiger Aufwärtstrend ist dabei zu beobachten, der aktuell etwas abflacht.
Im Jahr 2013 waren insgesamt rund 140 Böcke und 1300 Ziegen bei 120 Züchtern registriert.

  Ziegen Böcke
Widerristhöhe 70 - 75 cm 80 - 90 cm
Gewicht 40 - 65 kg 60 - 90 kg

Verbreitung und Förderung

Die Zuchttiere sind über das gesamte Bundesgebiet verteilt. Herdbücher führen jeweils die Landenziegen- bzw. -schafzuchtverbände. Schwerpunkt der Zucht ist nach wie vor das Ursprungsgebiet Thüringen, aber auch in Niedersachsen, Bayern und Baden-Württemberg gibt es größere Bestände.

Aktuell erhalten Herdbuchzüchter in Thüringen und Sachsen Haltungsprämien für Zuchttiere der Thüringer Wald Ziege.

Gefährdungsgrad

Kategorie II (stark gefährdet) in der Roten Liste der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen e.V.

Leistungen

  • Milchleistung  700 bis 1000 kg mit durchschnittlich mit 3,5 % Fett und 3,00 % Eiweiß.
  • vorwiegend milchbetonte Doppelnutzung (Milch + Fleisch)
  • Hohe Widerstandsfähigkeit, gute Eignung für den Einsatz in der Landschaftspflege
  • saisonale Brunst, eine Lammung pro Jahr, in der Regel Zwillingsgeburten, Drillingsgeburten sind jedoch nicht selten

Rassekennzeichen: Lineare Beschreibung des Exterieurs

Lineare Beschreibungssysteme werden bei anderen Tierarten bereits lange angewendet. Hierbei erfolgt die Beschreibung bestimmter Einzelmerkmale anhand einer Skala (z.B. 1 – 5, 1 – 9). Die lineare Beschreibung ist keine wertende (qualitative) Exterieurbeurteilung - d.h. es werden keine "Noten" vergeben, sondern es ist eine neutrale (quantitative) Aussage zu einzelnen körperlichen Ausprägungen des Tieres. Manche Merkmale können jedoch unterschiedlich stark erwünscht sein, deshalb kann die Lineare Beschreibung die Exterieurbeurteilung informativ ergänzen. Sie ersetzt jedoch nicht die Exterieurbeurteilung des Tieres, die weiterhin im Rahmen der Herdbuchaufnahmen von den Zuchtverbänden vorgenommen wird.

Lesen Sie weiter, wie ein Lineares Beschreibungssystem funktioniert und welche Vorteile dies für die Züchter und für die Entwicklung der Rasse hat. Ebenso finden Sie hier die Beschreibung und Einstufung der Einzelmerkmale, womit jeder Züchter die Möglichkeit hat, anhand von Beispielfotos seine Tiere selbst zu beschreiben. Ebenso ist die Wichtigkeit der beschriebenen Einzelmerkmale sowie Ausschlussfehler dargestellt.

Eine Anleitung mit vielen Beispielfotos finden sie im Infoblatt unter dem nachfolgenden Link. Ebenso weitergehende Informationen, wenn Sie dazu jeweils die roten Balken anklicken.

Infoblatt zur Anwendung der Linearen Beschreibung (pdf)

Beschreibungsbogen (Formular) für die Lineare Beschreibung (pdf)

Lineare Beschreibung der Rassemerkmale

Beurteilung von Milchziegen
Bei Ziegen findet in der Regel nach dem ersten Ablammen eine Exterieurbeurteilung des Tieres statt. Bei weiblichen Milchziegen werden die Merkmalskomplexe Rahmen, Form und Euter, bei einigen Zuchtverbänden auch Äußere Erscheinung und Euter.
Die Zusammenfassung verschiedenster Merkmale in nur wenigen Gesamtnoten erschwert die Nachvollziehbarkeit der Bewertung. So gehen z.B. Farbmängel, Gebissfehler und Fehlstellungen der Extremitäten alle in die Form-Note ein, die dann nicht mehr erkennen lässt, welcher Mangel zur Abwertung führte und worauf bei der Anpaarung besonders geachtet werden sollte.
Die speziellen Merkmale der Thüringer Wald Ziege wie Haarfarbe und -länge, Gesichtsmaske und Kehlfleck gehen entweder ebenfalls unspezifiziert in die Formnote ein oder werden zum Teil gar nicht mit einbezogen. Dabei sind gerade diese Merkmale bedeutsame Kennzeichen für die Identität der Thüringer Wald Ziege und müssen wieder stärker Berücksichtigung finden.


Vorteile der linearen Beschreibung
•         exakte Erfassung von Einzelmerkmalen
•         größere Transparenz der Typ- und Euterbewertung durch linear erfasste Einzelmerkmale
•         die Ausprägung der Merkmale ist reproduzierbar und auf einer linearen Skala einzuordnen
•         Überschaubarkeit für den Züchter, Entscheidungshilfe für gezielte Anpaarung
Die Lineare Beschreibung soll nicht dazu führen, einzelne Rassemerkmale überzubewerten. Das Ziel bleibt weiterhin die Erhaltung der genetischen Variabilität und Nutzung einer robusten, milchreichen, fruchtbaren und gesunden Ziegenrasse.


Lineare Beschreibung im Modellprojekt Thüringer Wald Ziege
Im Rahmen des Modellprojekts Thüringer Wald Ziege wurde ein lineares Beschreibungssystem für Ziegen entwickelt, in dem die speziellen Merkmale der Thüringer Wald Ziege Berücksichtigung finden. Umfangreiche Daten von rund 350 Ziegen wurden auf Betriebsbesuchen erhoben, sie ergänzen die Tierdaten in der bundesweiten Zuchttierdatenbank und dienen einer verbesserten Zuchtplanung.
Mit Hilfe einer ausführlichen Anleitung zur Anwendung der Linearen Beschreibung kann das Lineare Beschreibungssystem sowohl von Zuchtberatern (z.B. bei der Herdbuchaufnahme) als auch vom Züchter selbst angewendet werden.

Farbe

Merkmal mit gleichwertigen Ausprägungen: Hell bis schwarz (1 bis 5) zulässig. Ausprägungen von 3 bis 4 (mittel- bis dunkelschokoladenbraun) werden angestrebt.

Die Thüringer Wald Ziege kommt in verschiedenen Farbausprägungen vor. Das Zuchtziel beschreibt sie als “hell- bis dunkelschokoladenbraun, vereinzelt schwarz“. Alle Farben sind zuchttauglich.

Bei der Beschreibung der Farbe ist darauf zu achten, dass Haltungsform und Jahreszeit das Fell beeinflusst (ausbleichen, Winterfell). Maßgeblich für die Lineare Beschreibung ist das kurze Sommerfell, das auch im Winter an Kopf und Hals meist erkennbar ist.

  • Farbe 1: sehr helles schokoladenbraun (Milchkaffee)
  • Farbe 2: helles schokoladenbraun (Milchschokolade)
  • Farbe 3: mittleres schokoladenbraun (am weitesten verbreitete Farbe)
  • Farbe 4: dunkles schokoladenbraun (Bitterschokolade)
  • Farbe 5: schwarz oder fast schwarz (Espresso)
Haarkleid

Die Thüringer Wald Ziege hat ein kurzes Haarkleid, lange Haare stellen einen Mangel dar. Trotzdem kommen immer wieder Tiere vor, die an verschiedenen Teilen des Körpers (Rücken, Schenkel) längere Haare haben. Böcke sind geschlechtsbedingt oftmals länger behaart als weibliche Tiere (vor allem auf dem Rücken) sie sind daher schwieriger einzustufen. Auch kann das Fell im Winter länger sein als im Sommer. Eine Ziege mit auffällig langem Haar ist als Bockmutter auszuschließen.

Kehlfleck

Merkmal mit erwünschter Ausprägung: Optimum 4 bis 5 (kein oder kleiner Kehlfleck), jedoch keine Abwertung.

Die Thüringer Wald Ziegen unterscheidet sich in der Ausprägung ihres Kehlflecks. Er kann von „nicht vorhanden“ bis „sehr groß“ sein. Ein sehr großer Kehlfleck ist eher unerwünscht, trotzdem sollte dieses Merkmal die Zuchtauswahl nicht allzu stark beeinflussen.

  • Kehlfleck 1: großer Fleck, die komplette Kehle bedeckend, z.T. bis an die Ohren
  • Kehlfleck 2: große Kehlflecke mit einem Durchmesser von ca. 6 – 7 cm
  • Kehlfleck 3: mittlere Kehlflecke mit einem Durchmesser von ca. 3 – 5 cm
  • Kehlfleck 4: kleine Kehlflecke mit einem Durchmesser bis ca. 2 cm
  • Kehlfleck 5: kein Kehlfleck oder einzelne weiße Stichelhaare in kleinem Umfang
Maske

Merkmal mit erwünschter Ausprägung: Optimum 5 bis 4 (deutlich bis sehr deutlich). Abwertung von 2 bis 1. Böcke: keine Einstufung

Die Thüringer Wald Ziege zeichnet sich durch ihre helle Gesichtsmaske aus. Die Ausprägung und Breite der Maske ist bei den Tieren unterschiedlich, sie sollte deutlich ausgeprägt und reinweiß sein. Nur weibliche Tiere tragen lebenslang eine Maske, die durchgängig ist. Bei Böcken ist die Maske nur als Lamm deutlich ausgeprägt, im Laufe des ersten Lebensjahres wird sie häufig schwächer/schmaler und verliert meist die Durchgängigkeit. Daher wird bei Böcken keine Lineare Beschreibung der Maske vorgenommen.

  • Maske 1: Maske nicht durchgängig
  • Maske 2: Maske nur in einer sehr dünnen Linie durchgängig
  • Maske 3: Maske durchgängig, aber stark verwaschen
  • Maske 4: Maske durchgängig und mittelbreit bis breit, nur wenig verwaschen
  • Maske 5: Maske durchgängig und sehr deutlich abgegrenzt
Braunfaktor

Brauntönung in den weißen Fellpartien

Merkmal mit erwünschter Ausprägung: Optimum 5 (reinweiss)

Die Farbe von Maske, Ohrensaum, Maul, Unterbeinen und Spiegel sollte reinweiß sein. Eine cremefarbene bzw. bräunliche Färbung ist weniger erwünscht. Eine leicht bräunliche Färbung am Ohrensaum ist jedoch normal und verbreitet. Ab einem gewissen Grad kann die Braunfärbung einen zuchtausschließenden Mangel darstellen, vor allem bei Böcken.

  • Braunfaktor 1: deutlich hellbraune Färbung aller hellen Farbpartien
  • Braunfaktor 2: etwas hellbraune Färbung von Maske, Ohrensaum, Beinen und Spiegel
  • Braunfaktor 3: cremfarbene Färbung von Maske, Ohrensaum, Spiegel und/oder Beinen
  • Braunfaktor 4: cremefarbene Färbung einzelner Partien, z.B. Ohrensaum und Maske
  • Braunfaktor 5: alle Partien reinweiß, evtl. ganz leicht cremefarbener Ohrensaum
Farbfehler

Stichelhaar
Als Farbfehler gilt bei der Thüringer Wald Ziege helles Stichelhaar, das an verschiedenen Körperteilen im schokoladenbraunen Haarkleid auftreten kann und im größeren Umfang nicht erwünscht ist. Einzelne/wenige Stichelhaare sind unproblematisch.

Aalstrich
Die Thüringer Wald Ziege hat keinen Aalstrich. Eine leicht dunklere Färbung auf dem Rücken kommt (vor allem bei Böcken) vor, ein schwarzer oder sich deutlich von der restlichen Braunfärbung abgesetzter Aalstrich weist aber auf Einkreuzungen hin und führt zum Zuchtausschluss.

Weiße Abzeichen
Weiße Abzeichen kommen außer an den beschriebenen Stellen (Maske, Unterbeine, Spiegel, Kehlfleck) nicht vor und stellen Farbmängel dar. An den Wangen kommen häufig kleine weiße Flecken vor, die keinen Farbfehler darstellen. Ebenso ist hinter den Vorderbeinen oftmals eine weiße Färbung, die geduldet ist.